Im Juli des Jahres 2023 machten die Ordnungsbehörden im beschaulichen Witten einen erstaunlichen und rätselhaften Fund. Über Wochen hatten sie ein Gelände mit Wärmebildkameras und Drohnen überwacht, nachdem Anwohner fremdartig anmutende Beobachtungen machten. Lange Schatten waren zu sehen, nebst lauten Rufen von Binomischen Formeln, dem Gauẞschen Fehlerintegral, dem Erklären der Fibonacci-Folge, dem Zitieren sämtlicher Werke von Goethe und Schiller in 37 Sprachen und dem Absingen der Welthits von ABBA bis Zappa.
Komisch war den Nachbarn schon lange vorgekommen, dass der Besitzer eine 3 Meter hohe Gabionenwand um sein Grundstück gezogen hatte, also diese Steine in Käfighaltung, die den Blick auf sein Grundstück versperrten. Da war das Errichten des Wassergrabens zwar keine Überraschung mehr, brachte das Fass aber zum Überlaufen, was dann eine Meldung bei den Ordnungsbehörden zur Folge hatte.
Bei den Durchsuchungen von Walter Petorkes Areals fanden die Ermittler in den Kellerräumen Reini, den sie für einen Alien hielten. 2,80 Groß und behaart, menschenähnliche Züge nicht abzusprechen. Sie stellten den Hausbesitzer Walter Petorke zur Rede, der bei den Nachbarn als verschroben und eigenbrötlerisch verschrien war. „Und mal ehrlich, das ist doch kein Walter, das ist doch eher ein Dirk, wenn nicht sogar ein Holger!“ diskutierte man immer wieder am Stammtisch. Er war einfach zu wenig Walter, da war man sich einig.
Nach zirka einem halben Jahr knickte der studierte Biologe Walter Petorke ein und gestand seine Tat unter Tränen. Er erzählte in den Verhören, dass er das ultraseltene und längst vergriffene Buch „Unverfroren Abgefroren“ von May June Toe gelesen hatte, in dem Diese über Biologen schrieb, die aus in den Bergen gefundenen, abgestorbenen Gliedmaßen Wesen erschufen. In dem Science-Fiction Roman war die Rede davon, dass die Wesen körperlich völlig menschlicher Natur waren, hirntechnisch aber allerlei Defizite aufwiesen. Zuerst agierte die Gruppe 4K in den 40er Jahren, die Zehen von den 4000er nahmen und der Gruppe 7K, die in den 70er Jahren Zehen von 7000er Bergen nahmen.
Seiner Ansicht nach handelte es sich nicht um Sci-Fi, da die Gruppe 4K wohl sogar laut seiner Recherche ein späteres Staatsoberhaupt entwickelten und die Gruppe 7K einen späteren Elektroauto-Entwickler und Visionär hervorbrachten. Dass es sich hierbei um Realität und nicht Fiktion handelt, wollte er zusammen mit ihm bekannten Forschern auf der ganzen Welt beweisen und sich dabei darauf konzentrieren, die Hirnaktivitäten der Wesen zu verbessern.
Die Ermittler hatten von ihren Forensikern zu diesem Zeitpunkt eine DNA extrahieren lassen, die sie einem bekannten Bergsteiger zuordnen konnten, was aber in ihren Augen keinen Sinn machte. Ein schier unlösbares Rätsel, das die weltweite Forschung in Atem hielt. Ein Außerirdischer, der die menschliche DNA kopiert? Ein wahrhaftiger Alien?
Nach Petorkes Aussagen waren die Zweifel immer noch groß, aber der Biologe legte seine Forschungsarbeiten offen und erklärte den Behörden, dass er Reini aus einem Zeh, den er in den 2000ern im Himalaya von Sherpas gekauft hatte, entwickelt habe. Die Sherpas hatten aus den Zehenknochen bis zu dem Zeitpunkt Würfel gebastelt und aus der Haut Knobelbecher. Aus kleinen Zehen und aus Fingern machten sie Murmeln. Aus ganzen Unterschenkelknochen wurden wunderschöne und selbstschärfende Kochmesser, aus Elle und Speichel formschöne Brieföffner. Petorke kaufte ihnen bei seiner Himalaya-Expedition einen DNA-Träger ab und gründete mit 13 anderen Hobby-Biologen die Gruppe 8K, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Proben von allen 14 8000ern zu bekommen, um sich mit einem kompletten menschlichen Klonwesen unsterblich zu machen.
Die verschworene Gemeinschaft, die ihre Forschungsergebnisse als Fernschach getarnt austauschte und somit perfektionierte, schuf dadurch Wesen mit einem IQ von bis zu 150, aber mit körperlichen Defiziten. So entstand zum Beispiel der einäugige Uwe, dessen Auge auch noch mitten auf der Schädeldecke platziert war, was natürlich kontraproduktiv war, da er immer gesenktem Kopf laufen musste und beim Sonnenbad eine speziell angefertigte Brille benötigte.
Die schräge Susan lebte bei ihrem Schöpfer Pamuk in Indien nahe der pakistanischen Grenze. Schräge Susan daher, weil ein Bein 1,10m und das andere Bein 52 cm lang war. Dafür hatte sie 3 Arme mit einer Länge von 34, 57 und 99cm. Sie bewegte sich spinnenartig fort und war durch den 2 Meter großen Oberkörper ein sehr imposantes Wesen, wenn sie auf ihren anderthalb Beinen stand. Sie durfte eigentlich immer Bergspaziergänge machen. Aber seitdem sie dort einmal von einem Bergsteiger gesehen wurde, war es Pamuk zu gefährlich und Susan musste wie Reini ihr Leben im Keller fristen.
Nachdem bekannt wurde, was Petorke da in seinem Keller veranstaltete, gab es weltweit Razzien und so wurden die 13 weiteren Wesen entdeckt. Es gab bei den Teilnehmern von 8K zum Beispiel noch Lauscher-Lung-Feng mit 7 Ohren, die über den Ganzen Körper verstreut waren, die Nasen-Naima mit 8 Riechkolben, wobei sich 2 auf der Linken Schulter, 2 im Gesicht und 4 an den Füssen befanden, was das Tragen von Schuhen unmöglich macht. Woher der Hoden-Helge seinen Namen hat, sollte sich somit von selbst erklären.
Wie ging es weiter mit Petorke und Co.? Gefängnis? Job beim Geheimdienst? Oder ist das alles nur Fiktion? Hirngespinst? Phantasie, die einer Bierlaune entspringt? Oder Resultat der Lesung eines bekannten Bergsteigers, die ich einfach mal weitergesponnen habe? Das alles Lesen sie ab Januar 2025 im neuen Buch von May June Toes Tochter March April Toe mit dem Titel „Noch Unvermessner“. Ob sie das Buch mit 2, 3 oder 4 Armen geschrieben hat? Ob es die Beiden überhaupt gibt? Surprise, Surprise… Vielleicht hilft ein Besuch in einem Antiquariat in Ihrer Nähe.