Die Familie sitzt beisammen und starrt sich verwundert an. Da sind Geschenke unter dem Baum. Und das nach dem großen Krach im letzten Jahr, als Opa Gunter sich über die Undankbarkeit der Beschenkten und über die Konsumschlacht an Weihnachten echauffiert hatte. „Größer , schneller, weiter“, das muss nicht sein. „Früher war man mit Nüssen und Äpfeln zufrieden, denn man hatte nichts. Und heute hat man alles und keiner freut sich mehr, weil er schon das ganze Jahr über alles in den Hintern geschoben bekommt. Man will immer untereinander Tauschen und noch schlimmer, den Bon zum Geschenk haben, um sich dann etwas nach eigenem Gusto aussuchen.“ Die Familie verfügte eine Geschenkepause.
5 Stunden vor der Bescherung dieses Jahres…. Mutter Susanne hatte die Familie unter einem Vorwand weggeschickt saß vor 8 Kartons, gleiche Größe, gleiche Farbe, gleiche Form. Die mussten jetzt mit den von ihr gekauften Inhalten gefüllt werden. Sie hatte einfach für alle was gekauft und musste sich für den Abend Mut antrinken, denn das kam sicher nicht bei allen gut an. Aber Weihnachten ohne Geschenke war für Sie kein Weihnachten. Daher den guten 2014er Chateaux la Fleur Trubadur Grand Cru auf, ins Glas und dann in den Kopf. Bei Paket 3 war alles noch ok, bei Paket 5 war ihr schon schwummerig und die 2. Flasche musste her. Nach Paket 8 fielen ihr die Augen zu. Als sie vom Getöse der ankommenden Familie wach wurde, mussten die Pakete schnell versteckt werden. Dabei fielen ihr alle Pakete durcheinander aber sie versah sie nach bestem Wissen und Gewissen mit den Namen der zu beschenkenden Personen und drückte sich die Daumen, dass das einigermaßen passte.
Da saßen Sie nun, es war Bescherungszeit. Der 8-jährige Ruben fand in seinem Paket ein Wein-Set, das aus einem 6-Flaschen-Gutschein für den lokalen Weinladen, einem Dekanter und 6 hochwertigen Rotweingläsern bestand. Gunter bekam einen Spandex-Spiderman Anzug Größe 140 Opa nebst Superhelden-Stiefeln in Schuhgröße 34. Die 5-Jährige Simone bekam einen klappbaren Gehstock und ein Donutkissen, das bei schmerzenden Hämorriden helfen sollte. Onkel Dieter, der seit seinem 41. Lebensjahr, also schon 20 Jahre ohne Haupthaar war, nahm sein Geschenk, bestehend aus Glätteisen und Lockenstab mit Humor, anders als seine frisch an der Hüfte operierte Frau, die beim Auspacken des Gutscheins für einen Ballonfahrt nebst 1 Kilo schwerer Heissluftballonminiatur aus Bronze keine Miene zu verziehen versuchte. Oma erwischte die Baby Born Puppe inkl. Doktorkoffer und zwinkerte Opa Gunter lasziv zu. Vater Gerd erwischte die eigentlich für Oma Lotti gedachten Karten für eine Konzert von Schlagerbarden Ross Antony, die geschickt im handsigniertem Hansi Hinterseer Bildband versteckt waren, seine Frau Susanne dafür das für ihn gedachte Paket mit dem neuen Humidor, der schon mit ein paar Zigarren gefüllt war. Das ist halt der Nachteil, wenn man Geschenke betrunken verpackt und unter den Baum legt.
5 Minuten nach der Bescherung schnappte sich Susanne eine Flasche Eierlikör und schloss sich deprimiert im Schlafzimmer ein. Diese Stille, die sich im Raum verteilt hatte, war einfach zu viel für sie. Aber schon ein paar Minuten später klopfte es an der Tür. Davor stand Opa Gunter im Spandex-Spiderman Anzug, den er bei seiner Größe von 185 bis aufs Bersten spannte, um sich bei ihr zu entschuldigen, dass er es ihr durch sein Verhalten im letzten Jahr so schwer gemacht hatte. Ein Bild für die Götter, das sie mitten in einem Lachkrampf katapultierte, wie auch die Anderen die ihn bei seiner Rückkehr ins Wohnzimmer erblickten. Susanne hatte Weihnachten gerettet und das Geschenkeverbot war Schnee von gestern. Alle tauschten Ihre Geschenke und waren glücklich. Auch Ruben war trotz quasi halbiertem Geschenk gut gelaunt, denn der Anzug gefiel ihm sowieso nicht, aber er hatte die coolsten Superheldenstiefel der kompletten Siedlung, die er noch nicht mal auszog, als er 2 Stunden später völlig müde ins Bett fiel, hatte er doch in dem ganzen Trubel 3-4 mal unbeobachtet an Omas Kirschlikör genippt.