Robert hat den Minimalismus für sich entdeckt und das hat er passiv erreicht. Was für eine außergewöhnliche Strategie man dafür an den Tag legen kann, das hat Robert mit Bravour vorgelebt. Er hat nach schlechten Tinderdates einfach die Wohnung verlassen und sein enttäuschendes Date kommentarlos zurückgelassen. Das Ausgefuchste daran war, dass er das in seiner eigenen Wohnung getan hat. So zerstörten die zurückgelassenen gerne mal sein Mobiliar aus der Wut heraus, allein im Bett aufgewacht zu sein. Diese Werkstücke weiblichen Frustes landeten so auf dem Sperrmüll und sorgten für Platz. Das Highlight hier war eine muskulöse Handballerin, die er eines Abends mit nach Hause nahm und sich bei ihrem Aussehen für eine Nacht im Dunkeln entschied, da Sie seiner Meinung nach nur mit inneren Werten glänzen konnte.
Als er ihr dann noch einen Zettel auf dem Nachttisch mit dem Text „Da hätte ich ihn mir auch in der Heizung einklemmen können“ hinterließ, sah sie sich nach dem Lesen genötigt, sich eine Axt zu besorgen und den Massivholztisch oder eher das, was davon noch übrig war, danach fein säuberlich im Kamin zu stapeln.
Einige fühlten sich auch so benutzt, dass Sie sich an seinen Wertsachen bedienten und sich so quasi mit einem Lohn für die Nacht bedachten. Er hatte auch Sprüche an die Schlafzimmertür gehängt, wie etwa „Ich bin weg. Nach der Nacht hatte ich Angst vor dem Frühstück“, um das am Ende etwas zu beschleunigen.
Im Anschluss hat er darüber noch ein Buch geschrieben, das sich aber nur mäßig verkaufte, sodass er als Schriftsteller für sich nur eine Chance sah, wenn er 12-15 Bücher im Jahr schreiben und damit dann immer noch nicht so viele Exemplare verkaufen würde, wie durchschnittliche Autoren es mit einem einzigen Buch schafften. Aber zumindest hat er sich minimalisiert, von einem 200qm Loft, das ihn finanziell auffraß auf eine 35 qm Wohnung mit gerade mal 100 Gegenständen.
Seinen Lebensunterhalt verdiente er nämlich jahrelang spärlich bezahlt als Koch in einem ICE-Bordrestaurant. Viele denken ja, dass dort nur aufgewärmt wird, aber falsch gedacht. Unter dem ICE befindet sich eine hängende Küche, die so angeordnet ist, dass Personen mit einer Körpergröße von höchstens 1,55 quasi in sitzliegender Position mit einem 2-Punkt- Komfort-Sicherheitsgurt an einer Metallstange befestigt sind, wodurch sie an Karabinerhaken gleitend von der Schneideplatte zum Minikühlhaus oder zur Induktionskochinsel gelangen können.
Nachdem sein Rücken diese Ruckelbewegungen nicht mehr mitmachte, kündigte er bei der Bahn verließ seine Wohnung und begann mit seinem Job als Gärtner einer reichen Witwe, der er nicht den Hof machte, sondern den Garten. Sträucher, Hecken und der englische Rasen waren fortan seiner Aufsicht unterstellt und schrien nach Intensivpflege. Er fand Freude daran, aus den Hecken Kunstwerke zu formen, die Ihn sogar in die Lokalzeitung brachten, die die Bilder seiner Kunstwerke und auch ein Interview mit ihm veröffentlichten. 15 Minuten Ruhm, die ihn bauchgestreichelt zurückließen. Auch das Geld stimmte, ohne dass er der liebeshungrigen Dame anderweitig zur Hand gehen musste. Abends schnitzte er die abgeschnittenen Äste in der Gartenhütte, die ihm zum Wohnen überlassen wurde, um daraus Umrandungen für die neu eingesäten Rasenflächen zu machen.
Alles war gut, bis auf Ernie, dem fetten Kater, der sich zum Kraulen immer auf den Rücken legte und dann eigenständig nicht mehr auf die Beine kam. Robert hasste es, das fette Viech anzufassen und rumzudrehen, damit es wieder laufen konnte. Aber auch das gehörte zu seinen Aufgaben, war Ernie doch nichts Geringeres als der Lieblingskater seiner Chefin. Aber auch damit hatte er sich mittlerweile abgefunden, manchmal tat ihm Ernie sogar leid, wenn ihm beim Laufen die Beine unter seinem Gewicht wegknickten.
Wie gesagt, alles war gut. Bis zu dem einen Tag, als aus einem regionalen Interesse an ihm ein internationales wurde und es sogar in die New York Times schaffte. Denn was da passierte, war wirklich kurios, auch wenn er eigentlich unschuldig in diese Berühmtheit reingerutscht war. Er mähte wie immer den Rasen hinter dem Haus, was bei der Quadratmeterzahl schon eine gewisse Zeit in Anspruch nahm, sodass er sich seinen Blauzahnhugo in die Ohren flanschte, um sich musiktechnisch etwas von den monotonen Geräuschen abzulenken. Eigentlich eine gute Idee, aber man bekommt dann halt überhaupt nichts mehr von seiner Umwelt mit.
Zum Ende der Gartenpflege nahm er den Rasenkantentrimmer, mit dem man alles so schön ordentlich bekommt und in seinen Ohren erklang das wunderschöne „Memories“ aus Cats. Passender hätte die Auswahl nicht sein können, lief ihm doch zu dem Zeitpunkt Ernie, direkt in den Trimmerfaden. Dadurch entbeinte Robert das „Tierchen“ mit einer Quote 3 von 4 sauber. Das war natürlich zu viel für die Katze, um weiter laufen zu können und für die alte Dame, um Robert weiter anzustellen. Naja, der Rest ist ja bekannt, Presse, Facebook, Nachbarn. Und natürlich ein Shitstorm von Naturschützern, der aber nach 2 Wochen wieder nachließ. Manchmal ist das Leben wie Dosentomaten: Passiert.