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Der Kastanienkönig von Bad Burgingen

Es war schon etwas kurios, was sich da in Bad Burgingen abspielte. Auf dem Marktplatz war alles feierlich geschmückt und es standen 3 Krankenwagen parat. Die spanische Kastagnetten-Virtuosin Selma de la Fuerte-Schneider, die vor Jahrzehnten der Liebe wegen zu ihrem Mann Robert nach Bad Burgingen gezogen war, sorgte zusammen wir Jose de Pueblo (eigentlich Josef Einbüchler) an der Kalimba und Almerida-Suzanna Lopez de la Fogato-Mendendez San Robles II an der Triangel für die Unterhaltung des Publikums. Die Geschwister Erwin und Hans Günter Eberle, die sonst die Klänge des Pyrophons und des Hydraulophons beisteuerten, mussten krankheitsbedingt absagen und wurden durch den erst 10 Jahren alten Hans-Dieter Nepomuk Ortwin Ölschläger-Heinrichs ersetzt, der die Maultrommel schon sehr gut beherrschte. Ein wildes Treiben, mit 20000 Zuschauern, die gegenüber den 5 Kastanienbäumen errichteten Tribünen auf das Ereignis des Jahres warteten, nämlich der Ermittlung des 10. Kastanienkönigs.

Der 1. Kastanienklub Bad Burgingen wurde damals von den beiden Frutariern und Geschwistern Bernadette (ehemals Bernd) und Ingo (ehemals Ilse) Obst gegründet, um damit eine Alternative zum örtlichen Schützenverein bieten und so ein Zeichen gegen Aufrüstungen setzen wollten. Unter ihrer Führung wuchs das Event des Kastanienkönigs stetig heran und ist nun bereits ein Event über die Stadtgrenzen hinaus. Auch ein Fernsehsender, der sonst Fußballübertragungen sendet, ist nun schon zum dritten Mal live auf Sendung.

Ziel ist es, eine fallende Kastanie in einem vollständigen Gehäuse (Fruchtbecher) aus der Luft zu fangen. Hierbei darf man den Baum weder schütteln, was bei den meistens Stämme dank des Umfangs sowieso unmöglich wäre, noch darf man irgendetwas in die Baumkrone werfen, um dort eine Kastanie zu lösen, die dann zu Boden fällt. Daher kann es mehrere Stunden dauern, bis der König gekürt wird. Zum Glück stehen auf dem Marktplatz 5 Rosskastanienbäume in voller Pracht, was es für die 74 Vereinsmitglieder, die sich dem Wettkampf stellen, etwas erleichtert. Aber man muss halt auch unter dem richtigen Baum stehen oder es mit einem Hechtsprung zum nächsten Baum schaffen. Bei den fallenden Kastaniengehäusen, die bekanntlich über sehr viele Stacheln verfügen, ist es erstens schwer sie festzuhalten, da natürlich keine Handschuhe erlaubt sind und zweitens führt es zu Blessuren, die dann von den fähigen Sanitätern versorgt werden müssen. Aber auch andere Verletzungen waren dieses Jahr zu vermelden.

Sabine Knudsen musste mit einem Nasenbeinbruch aufgeben, da sie mit ihrem Gesicht bei einem Hechtsprungversuch erst Werner Ganser Schulter auskugelte (der damit auch ausschied) und dann unsanft vom Baumstamm gestoppt wurde.

Gerd Sommer rutschte auf einer Wurzel aus, stützte auf den Kopf und unterhielt sich ab dem Moment mit seinem Großvater. Leider war der schon vor 17 Jahren verstorben und seine Anwesenheit somit nur auf Sommers Gehirnerschütterung zurückzuführen.

Elke Meier traf eine Kastanie so rabiat, dass Sie in ihrer Stirn steckenblieb und unter Verwendung einer kurzfristig eingeleiteten Narkose operativ entfernt wurde.

Kai-Uwe Sanowski freute sich so über die gefangene Kastanie, dass er die Hand so beherzt schloss, dass sich die Stacheln so in die Hand bohrten, dass diese verkrampfte. Gut für die Blutung, die dadurch sofort gestoppt wurde, schlecht für seine Mutter Susanne, die bei dem Anblick in Ohnmacht fiel und sich bei der Landung den Daumen brach. Ohne Daumen kein Fangen, also ausgeschieden.

Dieses Jahr schieden aber mal wieder einige aus, da sie leider eine bereits geöffnete Kastanie gefangen hatten. Auch Hans-Dieter Wolting war so ausgeschieden, aber er würde heute noch die Kastanien aus dem Feuer holen, das war sicher. Hans-Dieter betrieb nämlich den Maronen-Stand auf dem Fest, zwar nicht frutarier-tauglich, aber da drückten Bernadette und Ingo Obst ein Auge zu. Maronen waren ja im Gegensatz zu Rosskastanien ohne Bedenken verzehrbar und das einzige Lebensmittel, bei dem Ingo ernährungstechnisch eine Ausnahme machte.

Am Ende war es Lars Brenner, der der sich den Titel sicherte. Nach 17 Stunden und 32 Minuten hatte er eine Kastanie gefangen, die den Regeln entsprach. Die Siegerehrung konnte erst 1 Stunde später stattfinden, da sich seine vierjährige Tochter Zoe im Trubel des Finales unbemerkt in jedes Nasenloch eine Nuss gesteckt hatte, die sie auf dem Boden unter dem Haselnussbaum gefunden hatte, der sich neben der Tribüne befand. Die Sanitäter entfernten dem hechelnden Kind die Fremdkörper und somit konnte Lars seinen Preis, ein goldenes Kastanienmännchen, in Empfang nehmen.

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