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Harder, Faster, Autoscooter

Der weltbekannte Insektenforscher Siegemund Konolke ist spezialisiert auf Tierpräperationen. Er schaffte es als erster Mensch überhaupt, eine mit 0,139 Millimetern Gesamtlänge ausgewachsene Zwergwespe für die Nachwelt zu konservieren. Außerdem macht er sich seit langer Zeit als Autor von Fachbüchern einen Namen und veröffentlichte mit „Der Bambieffekt von Hirschkäfern“ das Standardwerk der Insektenpsychologie überhaupt.

Aus Herne-Crange stammend, sorgte er vor 7 Jahren für Furore, als er das ehemalige 170-Seelen Dorf Trompeln in Brandenburg für einen symbolischen Preis von 1 Euro kaufte. Komplett verlassen, war es eine großartige Spielwiese für ihn, den Kirmes- und Freizeitparkverrückten Endvierziger. Nach dem Erwerb des kleinen Dorfes ließ Siegemund erst einmal die Straßen mit einem Strom-Gitternetz überspannen. Seitdem ist das komplette Dorf für den konventionellen Verkehr gesperrt und die Straßen können nur noch mit Autoscootern befahren werden. Somit ist Trompeln das erste Autoscooter-Dorf Deutschlands. Früher hat er mal Breakdance gemacht, nun hat er das gleichnamige Fahrgeschäft an der Hauptstraße stehen.

Aber damit nicht genug, denn Siegemund ließ die ehemalige Müllkippe, in den 90ern zur Halde „Der Große Brompel“ rekultiviert, vom Wanderweg befreien, der sich um den Hügel schlängelte. Nun nimmt die „Wilde Maus“ seine Rolle ein und statt zu wandern ist es nun möglich, mit seinem Lieblingsfahrgeschäft in 50 Meter Höhe hinaufzufahren und nach kurzem Aufenthalt und Ausblick über Trompeln, in rasanter Fahrt wieder unten anzukommen. Wohntechnisch hat er sich auch etwas ganz Besonderes ausgedacht, denn er ließ sich vom Architekten Arthur de las Vargas-Pueblo einen 70 Meter hohen Turm bauen, der exakt über eine Wohnung verfügt, die sich direkt unterhalb der Dachterasse befindet. Zu erreichen ist diese Wohnung nur über den Freefall-Tower, der an die Außenseiten komplett umschließt.

Außerdem besitzt Trompeln nun eine Achterbahn, die Siegemund als Fitnessstudio dient, denn statt Sicherheitsbügeln hat das Teilchen nur Haltegriffe, weshalb hier auch auf Loopings verzichtet wird. Durch die täglichen Fahrten mit dem sogenannten Musclemaster 3000 ist er mittlerweile so durchtrainiert, dass man denken könnte, er würde statt Duschgel eher Maschinenreiniger benutzen. Siegemund gönnt sich darüber hinaus eine Boxbude zu der er in regelmäßigen Abständen immer Profiboxer einlädt, um sich mit ihnen zu messen. Da hieß es für so manchen Faustkämpfer, der ihm gegenüberstand „Ruckzuck ist die Fresse dick.“ Aber auch Siegemund bekommt schon mal eine aggressive Gesichtsmassage, frei nach dem Motto „Mal bist du die Windschutzscheibe, mal das Insekt.“. Angst kennt Siegemund auch bei größeren Gegnern nicht, denn er hat immer die Einstellung, dass Salmonellen ja auch einen Gorilla besiegen können.

Sein ganzer Stolz ist aber ein Kinderkarussell, dass nur mit Feuerwehrautos bestückt ist. Das ist in seiner Kindheit begründet, in der er sehr schmächtig und langsam war. Dadurch schaffte er es nie ins Feuerwehrauto, in dem man hupen, eine Glocke läuten und eine Sirene betätigen konnte. Für ihn blieben immer die langweiligen Sachen ohne Ton und Funktion. Manchmal sogar nur das viel zu hohe Pferd, von dem er sogar 2-mal herunterfiel und danach nicht mehr fahren durfte, weil seine Mutter Angst hatte, er würde sich ernsthaft verletzen. Doch jetzt hat er 15 Feuerwehrautos für sich, die er mit seiner Körpergröße von 1,56m trotz seiner breiten Schultern perfekt nutzen kann.

Abgerundet wird das ganze „Autoscooterland“ von einem Fahrgeschäft, das seinen Beruf nicht besser widerspiegeln könnte, nämlich eine Marienkäfer-Bahn. Eine normale wäre da zu profan, daher ist es eine maßstabsgetreue Bahn, die sich in einer Art Terrarium befindet, das mit Hunderten europäischer und asiatischer Marienkäfer bevölkert ist. Denen hat Siegemund erstens das Fahren mit den kleinen Waggons beigebracht hat und zweitens dem asiatischen Käfer nahegelegt, nicht mehr die Eier und Larven des europäischen Käfers zu fressen, was zu einer friedlichen Co-Koexistenz führt. Hier schließt sich zwischen seinem Beruf und seinem Hobby ein Kreis. Und es ist gut, wenn sich ein Kreis schließt, außer man hat Gürtelrose.

Gerne könnt ihr Siegemund mal besuchen fahren, er freut sich immer über Besuch. Nur jetzt ist es gerade schlecht, denn er sitzt seit 5 Tagen in seiner Wohnung fest, da der Freefall-Tower ein technisches Problem hat. Da rächt es sich nun, dass er es unnötig fand, ein Treppenhaus einzubauen. Aber macht euch keine Sorgen, er hat noch genug Backfisch eingefroren, noch reichlich Champignons im Gewächshaus auf der Dachterrasse und Knoblauchsauce ist auch noch massenhaft in der Kühlung. Da der Zuckervorrat noch gefüllt ist, ist somit ebenfalls die abendliche Zuckerwatte gesichert. Und sollten alle Stricke reißen, lässt ihm sein Lieblingshändler aus Berlin einen Paradiesapfel mit der Drohne zukommen.

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